Als die Thora über die tugendhafte Gerechtigkeit Noachs erzählt, betont sie: Noach war ein gerechter, untadliger Mann in seiner Generation.1
Laut einer Interpretation unserer Weisen,2 galt Noach nur in seiner Generation als Gerechter, doch würde er zu Zeiten unseres Erzvaters Awraham leben, gälte er als ein „Niemand“.
Im Sohar3 werden zwei weitere Gerechte in ihren Generationen genannt, welche die Gerechtigkeit Noachs mit Leichtigkeit in den Schatten stellen – Mose und König Dawid. Aus welchem Grund wird Noach gerade mit jenen Gerechten und ihren Generationen verglichen?
Eine Neue Welt
Mit Awraham, Mose und Dawid war ein neues Zeitalter über die Welt hereingebrochen, welches die Welt grundlegend verändern sollte.
Die Geschichte des Volkes Israel findet ihren Anfang mit Awraham, dem ersten Juden und mit ihm begann die Entdeckung und Bestrebung für den Glauben an einen G-tt.
Mose verkündete der Welt den Willen des Allmächtigen G-ttes, die Thora; und von diesem Moment an konnte sich die Welt an die Heiligkeit G-ttes binden.
Mit Dawid begann das eigentliche Zeitalter des Königtums, dessen Sinn und Ziel die Krönung G-ttes zum König über die Welt ist, sobald der Maschiach kommt (denn der jüdische König auf Erden ist Symbol und Beispiel für das Königtum G-ttes).
Eine wertvolle Beziehung
Aber auch mit Noach begann ein neues Zeitalter auf Erden – die Schöpfung nach der Sintflut. Der Midrasch erzählt,4 dass als Noach aus der Arche stieg, er eine „neue Welt“ erblickte und diese bildete dann auch die Basis für eine bessere Generation. Doch Noach war nur der Pionier auf dem Weg zu einer vollkommenen Welt. Seine Gerechtigkeit bestand dort, wo die Menschen seiner Generation versagt hatten. Ihre Sünde lag darin, dass sie sich ihren Mitmenschen gegenüber schlecht verhielten und in diesem Gebiet zeichnete sich Noach in seiner Gerechtigkeit aus. Aber auch ein perfektes Verhältnis zu seinen Mitmenschen reicht nicht aus, um die Welt zu ihrer g-ttlichen Vollkommenheit zu bringen.
Sicherlich sind zwischenmenschliche Beziehungen, wie sie in den Zehn Geboten geschrieben stehen, für eine beständige Zivilisation unentbehrlich. Aber der Mensch, obwohl Herr über alles Lebende auf Erden, ist auch ein Geschöpf, welches seinem Schöpfer gegenüber Pflichten hat. Und es soll eine gute Beziehung zwischen G-tt und dem Menschen und der Welt aufgebaut werden.
Deshalb gilt Noach im Vergleich zu Awraham, Mose und Dawid als ein „Niemand“, denn deren Rechtschaffenheit bestand nicht nur auf zwischenmenschlicher Ebene, sondern vor allem in der Verbindung der Welt zu G-tt. Awraham verkündete der Welt den Glauben an einen G-tt; Mose empfing die Thora, mit der die Welt geheiligt werden sollte; und Dawid setzte den Grundstein für den Bau des Jerusalemer Tempels,5 indem die Gegenwart G-ttes ruhte.
Der Dienst aus Erkenntnis
Der Unterschied zwischen Noach und Awraham, Mose sowie Dawid drückt sich in einem weiteren Aspekt aus. Noach diente G-tt aus Furcht und seine Warnung an seine Mitmenschen ihre Wege zu bessern, basierte vor allem aus Angst vor G-ttes strafender Sintflut. Sogar über ihn selbst heißt es im Midrasch,6 dass Noach ein Kleingläubiger war. Er glaubte nicht voll und ganz an das Kommen der Sintflut, bis er selbst der gewaltigen Überschwemmung Zeuge wurde.
Awraham, Mose und Dawid aber dienten G-tt aus tiefer Erkenntnis in Seiner allmächtigen Größe wegen, die sich auch in unendlicher Gnade und Liebe ausdrücken kann. Diese Erkenntnis verkündeten sie der Welt und setzten damit den Grundstein für eine Welt, die im liebevollen Einklang mit ihrem Schöpfer existiert.
Der König aus dem Hause Dawid, der Maschiach, wird schließlich diese Mission vollenden und die Welt in höchstem Einklang mit G-tt bringen, bis auch alle Völker der Welt verkünden werden: Lasset uns hinaufsteigen zum Berge G-ttes, dass Er uns lehrt in Seinen Wegen zu wandeln!7
(Likutej Sichot, Band 35, Seite 15)
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