Welchen Zweck hat das Judentum? Oder eine andere Religion?
In einem Artikel einer großen amerikanischen Zeitung schrieb der Autor: “Es wird immer Mysterien geben, Lücken in unserem Wissen, in denen die religiöse Ehrfurcht wachsen kann.”
Aber ein Leser war anderer Meinung. Für ihn war das nicht der Hauptzweck einer spirituellen Lehre. Er schrieb: “Wenn die Religion nur in unserer Unwissenheit einen Platz hat, dann sind die Theologen in Schwierigkeiten.”
Das ist wahr. Die Tora ist kein Leitfaden, der Antworten auf die Rätsel der materiellen Welt liefert. Wenn sie das wäre, dann enthielte sie einen Atlas, ein Periodensystem der Elemente und eine Zeichnung des Verdauungssystems.
Wir haben die Tora als Handbuch des Lebens bekommen. Das wird besonders deutlich in einem Abschnitt wie Waetchanan, den wir diese Woche lesen. Hier sät Mosche die Saat für den Talmud aus, indem er die zehn Gebote bekräftigt und kommentiert.
Außerdem sät er die Saat der modernen Religion — nicht indem er über die Mysterien des Universums doziert, sondern indem er über Tatsachen spricht: über das Leben der Juden in der Wüste. Gewiss, die Religion will uns zu besseren Menschen machen; aber sie muss zunächst einmal unsere Bedürfnisse berücksichtigen, sie muss also wie eine Marketingstrategie unsere Eigeninteressen als Hebel benutzen.
Warum sollen wir bessere Menschen werden? Weil wir dadurch andere ermuntern, ebenfalls besser zu werden. Wir erzeugen eine Atmosphäre der Moral und der Rechtschaffenheit, die sich immer weiter ausdehnt.
Natürlich müssen wir gleichzeitig die anderen Gebote der Tora befolgen. Wir müssen ein Heim für G–tt bauen und die einfachen, aber grundlegenden Gesetze einhalten: Du sollst nicht morden. Du sollst nicht stehlen. Du sollst kein falsches Zeugnis wider deinen Nächsten reden. Und so weiter.
Ist das nicht selbstverständlich? Warum steht es dann geschrieben? Weil wir Sterblichen so leicht sündigen. Es ist so einfach, zuviel zu essen, und darum verkaufen Firmen uns Diätnahrung. Es ist leicht, faul zu sein, und darum verkauft man uns Fitnessgeräte. Und es ist so leicht, egoistisch zu sein, dass wir vergessen, wie sehr es uns nützt, rechtschaffen zu sein. “Kauf dieses Produkt, dann geht es dir besser”, verspricht die Werbung. Die Tora verspricht mehr: “Lies mich und gehorche mir, dann geht es der ganzen Welt besser.”
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