Sind Sie bereit für eines der vielen Tora-Rätsel? Diese Woche stöbern Sie wahrscheinlich in den hintersten Winkeln Ihres Gedächtnisses nach Sünden und Fehlern. Das ist eine günstige Gelegenheit, darüber nachzudenken, wie die Propheten mit der Spiritualität umgegangen sind. In dieser Woche singt Mosche (wie so oft in Deuteronomium) in Haasinu ein Loblied auf G–tt und warnt uns davor, G–ttes Gebote zu missachten. Das Lied beginnt mit dem Vers

Leiht mir euer Ohr, ihr Himmel, lasst mich sprechen. Lasst die Erde meine Worte hören!

Die Weisen erklären, „Leiht mir eurer Ohr“ weise auf eine Nähe zum Himmel hin, „hören“ auf eine ferne Erde. Mit anderen Worten: Mosche war dem Himmel näher als der Erde. Das ist eine verbreitete Ansicht, denn Mosche ist unser größter Prophet, und dass er dem Tod nahe war, bestärkte die Juden wahrscheinlich in dieser Meinung. (G–tt sagt am Ende des Abschnitts, Mosche werde das Gelobte Land nur aus der Ferne sehen, es aber nicht betreten; darum war klar, dass der Berg Nebo, auf dem er sprach, seine letzte Ruhestätte sein würde.)

Aber wir haben Ihnen ein Rätsel versprochen, und hier ist es: Jeschajahu, ein anderer großer Prophet, sprach folgende sehr ähnliche Worte:

Hört, ihr Himmel, und leihe mir dein Ohr, o Erde.

Warum bittet er die Himmel zu hören und die Erde, ihm ihr Ohr zu leihen? Ist er der Erde näher? Die einfache Erklärung lautet, dass Jeschajahu glaubte, er sei Mosche nicht ebenbürtig und deshalb der Erde näher. Aber es gibt noch eine andere Deutung, die uns Geringeren Hoffnung macht: Um dem Himmel nahe zu sein, müssen wir die Tora studieren und uns auf das Spirituelle konzentrieren. Um der Erde nahe zu sein, müssen wir die Mizwot einhalten und durch irdisches Handeln beweisen, dass wir uns bemühen, rechtschaffen zu sein.

In einer ersten Phase müssen wir dem Himmel näher sein und die Tora studieren, damit wir wissen, was G–tt von uns erwartet. In diesem Stadium sind wir der Erde fern. Später, wenn wir das Gelernte anwenden, kommen wir der Erde näher. Jeschajahu weist also darauf hin, dass er seine Nähe zum Himmel und die Tora als Wegweiser benutzte, um eine höhere Ebene zu erreichen, indem er tat, was G–tt von ihm erwartete. Es kommt also nicht darauf an, wem Sie jetzt nahe sind. Wichtig ist, was Sie jetzt tun.