Der Wochenabschnitt „Pekudej“ bildet den Abschluss des zweiten Buches der Thora – Schmot, welches auch „das Buch der Erlösung“ genannt wird, denn darin wird über den Auszug aus Ägypten erzählt. Der Abschnitt „Pekudej“ handelt von dem Aufbau des Heiligtums und der G-ttesgegenwart, welche in ihm weilte. Zum Schluss sagt die Thora: Und sobald sich die Wolke von dem Heiligtum erhob, brachen die Kinder Israels zu ihren Wanderungen auf.

Bei diesem Vers stellen sich zwei Fragen:

  1. Weshalb sind der Aufbruch und die Annäherung zum Heiligen Land an die Erhebung (Entfernung) der Wolke (G-ttesgegenwart) geknüpft? Das Volk Israel soll erst dann aufbrechen, wenn sich die G-ttesgegenwart entfernt?
  2. Weshalb erwähnt die Thora die Wanderungen des jüdischen Volkes (und die dadurch hervorgerufene Erhebung der Wolke) beim Aufbau des Heiligtums, und nicht bei dem Kapitel, welches von den Wanderungen des jüdischen Volkes in der Wüste handelt?

G-ttes Wohnsitz

Tatsächlich bringt die Antwort auf diese zwei Fragen die Aufgabe des jüdischen Volkes auf der Welt und den Sinn der Schöpfung an sich auf den Punkt: Das jüdische Volk bricht gerade dann auf, wenn „die Wolke sich erhebt“. Es ist keine Leistung den Willen G-ttes zu erfüllen, wenn die G-ttesgegenwart offenkundig ist. Der Sinn und Zweck ist es das Heilige und Gute zu erreichen („aufzubrechen“), auch wenn G-tt nicht präsent erscheint („bei Erhebung der Wolke“); in diesem Zustand fällt es schwer G-tt zu dienen. Gerade dann muss man „aufbrechen“ können!

Der Midrasch lehrt uns: „G-ttes Lust ist es auf dieser unteren Welt einen Wohnsitz zu haben.“1 Gibt es denn für Ihn „oben“ und „unten“? Nur „unten“ bedeutet, dass auf einer solchen Stufe das G-ttliche nicht offenbar ist, wodurch „das Unten“ einen spirituellen Tiefpunkt erlangt. Der Sinn der Schöpfung liegt darin, dass „das Unten“, in welchem die Präsenz G-ttes verhüllt ist, ein Wohnsitz G-ttes wird. Das ist die Aufgabe des jüdischen Menschen auf Erden – die Welt zu einem würdigen und heiligen Platz für den Wohnsitz G-ttes zu machen, durch Mitzwot und gute Taten!

Wenn die Wolke aufsteigt...

In Anbetracht dessen wird verständlich, dass, solange die Wolke sich „unten“ befindet und alle die G-ttesgegenwart wahrnehmen, „das Unten“ bereits seinen Status als ein Ort, an welchem G-tt nicht offenbar ist, verliert, und somit der Sinn der Schöpfung nicht verwirklicht werden kann. Erst wenn die Wolke sich erhebt – das G-ttliche nicht offenkundig ist – kann das jüdische Volk zu „seinen Wanderungen aufbrechen“ – den g-ttlichen Willen erfüllen!

Bekanntlich lag der ganze Sinn des Heiligtums darin das jüdische Volk zu befähigen ihre Aufgabe zu erfüllen, die Welt zu heiligen. Das Heiligtum, als der einzige Ort, an dem sich G-tt offenbarte, galt als eine Energiequelle, von welcher das jüdische Volk Kraft bezog um das G-ttliche auf die ganze Welt zu bringen. Aus diesem Grund erwähnt die Thora die Wanderungen des jüdischen Volkes gerade bei dem Aufbau des Heiligtums, denn der wesentliche Sinn des Heiligtums ist es das jüdische Volk beim „Aufsteigen der Wolke“ zu befähigen die Welt zu heiligen und zu verbessern!

Nicht scheuen

Damit richtet die Thora eine gewaltige Botschaft an uns: In manchen Situationen mag es schwer fallen sich richtig zu verhalten, G-tt oder dem Menschen gegenüber, und man könnte meinen, dass dies ein Grund sei aufzugeben. Doch die Thora lehrt uns etwas anderes: Nicht nur, dass Hindernisse den Menschen nicht davon abzuhalten brauchen das ihm Auferlegte zu vollbringen, sondern dass der Sinn der ganzen Schöpfung und des menschlichen Daseins darin liegt, gerade aus der Erschwernis heraus das Heilige, Gute und Richtige zu tun!

So wie die Erhebung der Wolke vom Heiligtum das Zeichen für die Fortsetzung der Wanderung bildete, geben uns gerade die Hindernisse beim Erfüllen der Mitzwot die Kraft unsere Aufgabe zu erfüllen, nämlich die Welt zu heiligen und dadurch der vollkommenen Erlösung entgegen zu schreiten!

(Likutej Sichot, Band 16, Seite 475)