In unserem Wochenabschnitt lernen wir über die vier verschiedenen Arten der Verwahrung von Geld oder eines Gegenstands durch einen unserer Mitmenschen. Die Thora spricht von vier „Hütern“: dem ehrenamtlichen Hüter, der für seinen Dienst keine Gegenleistung fordert; dem angestellten Hüter, der für Geld arbeitet; dem Mieter, der den jeweiligen Gegenstand für Geld benutzt, und dem Leihnehmer. Dieser gebraucht den Gegenstand ohne dafür zu bezahlen. Das jüdische Gesetz definiert die Verantwortung jedes der vier Hüter für den Fall, dass der Gegenstand bei seiner vereinbarten Rückgabe an den Eigentümer nicht mehr vorhanden ist.
In der jüdischen Mystik1 symbolisieren die Hüter vier verschiedene Klassen von G-ttesdienern. Ganz allgemein werden die Kinder Israels „Hüter“ genannt, da ihnen die Welt G-ttes gegeben wird um sie zu hüten durch die Thora und ihre Mitzwot, wie schon dem Ersten Menschen geboten wurde: die Welt zu bearbeiten und zu hüten. Und dabei eben gibt es vier Klassen.
Ohne eigene Interessen
Die erste und höchste Stufe ist der ehrenamtliche Hüter. Er widmet sich der Aufbewahrung des Gegenstandes, wobei er nur den Vorteil des Eigentümers vor Augen hat. Sein eigener Gewinn interessiert ihn nicht. Dieser Hüter symbolisiert den perfekten G-ttesdiener. Er sieht seine Aufgabe darin den Willen seines Schöpfers auf die bestmögliche Weise zu erfüllen, ohne sich davon Belohnung zu erwarten. Rambam definiert einen solchen Menschen als „einen Dienenden aus Liebe, nicht wegen einer Sache auf der Welt und nicht um Wohlgefallen zu finden, sondern er richtet sich nach dem Wahren der Wahrheit selbst wegen“.2
Die zweite Stufe ist der angestellte Hüter. Auch dieser nimmt seine Aufgabe ernst, wobei die Aufbewahrung des Gegenstandes sein Hauptanliegen ist, nur will er dafür bezahlt werden. Das ist ein Jude, der G-tt mit voller Hingabe dient und die Mitzwot mit Freude und Lebenslust erfüllt, aber für den auch Belohnung eine Rolle spielt.
Eigener Profit
Der Mieter fällt in die dritte Klasse. Nur sein eigenes Interesse vor Augen bedient er sich des Gegenstands, weiß aber, dass er dafür zahlen muss. Für ihn steht sein Vorteil im Mittelpunkt, während die Gegenleistung, wenn auch notwendig, dennoch nebensächlich ist. Hier handelt es sich um einen Juden, der „das Leben genießen will“, aber dem bewusst ist, wem er all das Gute auf Erden verdankt. Deshalb entscheidet er sich für das einzig Richtige – den Willen G-ttes zu erfüllen, als Gegenleistung für alles, das G-tt ihm spendet.
Auf dem niedrigsten Niveau steht wohl der Leihnehmer. Er denkt nur an sich selbst, zieht so gut wie möglich seinen Profit aus dem ihm Geliehenen und denkt nicht einmal daran sich irgendwie dafür zu revanchieren. Das ist einer, der die Welt für sein ganzes Leben in seinem Besitz zu halten glaubt. Er hält es für unnötig G-tt jeglichen Dank auszusprechen, und nicht einmal als Bezahlung für alles, das G-tt ihm gibt.
Zur wahren Erkenntnis
Aber auch der Leihnehmer wird „Hüter“ genannt, das heißt, auch jener erfüllt die Mitzwot, nur scheint ihm, dass alles ihm gegebene gratis sei, als ob er es von allein verdiene, ohne dies mit dem Erfüllen des g-ttlichen Willens zu verbinden. Sein G-ttesdienst gleicht einem Leihnehmer, der wenigstens den Gegenstand zurückerstatten muss, und dies tut er – er verpflichtet sich seinen Teil auf der Welt, den er zu hüten hat, zurückzugeben (durch das Erfüllen der Gebote); und zwar nur, um davon zu profitieren. Sein Dienst kann nicht als G-ttesarbeit gelten, welche sich ja durch den Dienst für G-tt ausdrückt.
Aber auch der Dienst des Mieters ist kein Ideal. Denn er hat nur sein eigenes Interesse vor Augen, aber weiß, dass er dafür den Willen G-ttes zu erfüllen hat. Dazu lehren unsere Weisen: „Immer soll der Mensch den Willen G-ttes erfüllen, auch wenn er nicht die richtige Absicht vor Augen hat. Denn durch das Erfüllen der Gebote kommt er letzten Endes zur wahren Erkenntnis“,3 nämlich „er richtet sich nach dem Wahren der Wahrheit selbst wegen“!
(Likutej Sichot, Band 31, Seite 85)
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