Einem chassidischen Spruch zufolge hat dieser Schabbat enorme Auswirkung auf das ganze kommende Jahr. So lehrten die chassidischen Meister: So wie der Mensch sich zu Schabbat Bereschit vorfindet, eben so wird auch sein ganzes Jahr ablaufen!1

Diese zentrale Rolle von Schabbat Bereschit sollte eigentlich anderen Events zugeschrieben werden. Das Wochenfest, an dem wir die Thora erhielten, war doch ein viel prägenderes Ereignis; und so ist es auch mit anderen Wochenabschnitten, deren Gebote Grundsteine des Judentums bilden. Was ist also das Besondere an diesem Schabbat?

Nun, wir verdanken diesem Schabbat unsere Existenz, da er von der Schöpfung handelt, und wie wir sehen werden, geht es dabei nicht nur um eine Geschichte. Diese Tatsache zu erkennen und sich ihrer zu besinnen bildet den Grundstein für den Dienst des Menschen an G-tt. Je mehr sich der Mensch in die Botschaft von Schabbat Bereschit vertieft, desto leichter wird es ihm fallen im kommenden Jahr im Dienste seines Schöpfers zu stehen.

Die Anatomie der Schöpfung

Denn am Anfang erschuf G-tt Himmel und Erde. Unseren Meistern zufolge2 deutet das Wort „erschaffen“ auf ein Werden aus dem Nichts! Vor der Schöpfung gab es keine Existenz, und aus dem Nichts erschuf G-tt alles Sein.

Es geht hier um einen absolut „revolutionären“ Prozess, der nicht seinesgleichen hat! Wir Menschen sprechen oft von „erschaffen“, meinen aber „bilden“, da jede neue Sache nach der sechstägigen Schöpfung aus bereits bestehenden Elementen gebildet wird. Die Schöpfung durch G-tt aber stützt sich auf absolutes Nichts. Deshalb, da sie keinen eigenen Grundstein zur Basis hat, belebt sie G-tt jeden Augenblick aufs Neue, genauso wie beim ersten Mal!

G-tt oder die Welt!?

Der Alter Rebbe3 erklärt4, dass diese fortlaufende Kreation durch das Wort G-ttes abläuft. Die „Zehn Sprüche, mit denen die Welt erschaffen wurde“ werden mit folgendem Vers in den Psalmen definiert: Ewiglich, G-tt, besteht Dein Wort im Himmel.5 Das heißt, der g-ttliche Spruch „Es werde der Himmel“ wird seit seiner Erschaffung ständig in den Himmeln wiederholt. Sollte er einmal verstummen, und auch nur für einen Moment, würden sie wieder in das absolute Nichts, ihren „Ursprung“, stürzen! So verhält es sich auch mit den restlichen Sprüchen über das Wasser, die Erde, die Tiere und den Menschen. Das Wesen der Welt also besteht einzig und allein aus dem Wort G-ttes. Niemals hatte sie eine selbstständige Existenz. Ihr ganzes Sein ist „nicht mehr“ als der g-ttliche Spruch!

Alles im Plan

So betrachtet können wir sehr wohl die zentrale Rolle von Schabbat Bereschit verstehen. Er lehrt uns die Welt etwas anders, als wir es gewöhnt sind, zu betrachten. In unserem Leben stoßen wir oft auf Schwierigkeiten; viele scheinen uns sehr problematisch. Von uns wird erwartet die Wege der Thora in allen Bereichen unseres Lebens zu verwirklichen, und manchmal sehen wir darin einen Widerspruch.

Die Thora lehrt uns: Am Anfang erschuf G-tt – die Existenz der Welt besteht nur durch die Zehn Schöpfungssprüche, wie sie in der Thora niedergeschrieben sind; und in derselben Thora heißt es: Ich bin der G-tt, dein G-tt, und in ihr erfahren wir die 613 Grundvorschriften. Ein Widerspruch zwischen der Thora und der Welt kann gar nicht bestehen, denn unser Auftraggeber ist der Schöpfer selbst!

Wenn der Jude mit dieser Einstellung seinem Leben ins Auge sieht, erkennt er auf einmal, dass ihn als Erfüller der Mitzwot nichts auf der Welt stören kann, wenn er die Schöpfung selbst für seinen Dienst an G-tt zu nützen versteht!

(Likutej Sichot, Band 1, Seite 1)