An unserem Schabbat segnen wir den Monat Elul, auch „Monat der Tschuwa“ genannt. Elul ist der letzte Monat im Jahr und somit eine Zeit der völligen Besinnung und des Nachdenkens über Taten und verabsäumte Taten jedes Einzelnen in diesem Jahr. Es ist eine Zeit Geschehenes wiedergutzumachen und noch nicht Getanes jetzt nachzuholen und zu vervollkommnen. Somit bildet der Monat Elul eine Vorbereitung für das Neue Jahr. Wie diese Vorbereitung für Elul aussehen soll, lernen wir aus den Anfangsbuchstaben dieses Monatsnamens. Die Buchstaben von „Elul“ (אלול) deuten auf gewisse Verse, von denen jeder einen anderen Zweig im Dienste G-ttes ausdrückt.

Der erste Schritt ist Tschuwa. Dies wird in folgendem Vers gedeutet: Und G-tt, dein G-tt, wird beschneiden dein Herz und das Herz deiner Nachkommen1 — את לבבך ואת לבב. Die Beschneidung des Herzens und die Entfernung der „Vorhaut“, welche die Liebe jedes Juden zu G-tt verhüllt, ist die Tschuwa!

Die drei Säulen

Mit der Öffnung des Herzens für G-tt durch die Beschneidung beginnt der zweite Schritt, welcher in drei Bereiche unterteilt wird. Es handelt sich um „die drei Säulen, auf die die Welt sich stützt“ – Thora, das Gebet und gute Taten.2

Das Thorastudium wird in einem der Verse über die „Flüchtlingsstädte“ (Orte, die einem unabsichtlichen Totschläger vor den Bluträchern Zuflucht geben) gedeutet: G-tt hat es ihm unter die Hand geschickt3 – אינה לידו ושמתי לך. Auch die Thora gleicht einer Flüchtlingsstadt, die aufnimmt und beschützt, wie im Talmud steht: „Das Thorastudium nimmt auf“4 – denn sie behütet den Menschen vor Bösem.

Das Gebet und die gute Tat

Die zweite Säule ist das Gebet: Ich bin meines Geliebten und mein Geliebter ist mein5 – אני לדודי ודודי לי. In dem Hohelied des Königs Salomo spiegelt sich die „Liebesbeziehung“ G-ttes mit Seinem Volk Israel wider. Durch das Gebet kommuniziert der Mensch mit seinem Schöpfer – er geht mit Ihm eine Bindung ein. Der dritte Vers – Einer dem anderen und Geschenke an die Armen6 – איש לרעהו ומתנות לאביונים – deutet auf die gute Tat.

Im Monat Elul liegt es an jedem sich intensiver mit der Thora, dem Gebet und der guten Tat zu beschäftigen. Allgemeiner ausgedrückt dient besonders diese Zeit einer Annäherung an die eigene Identität. Der eine tut dies, indem er anfängt Tefillin zu legen (auch wenn für den Anfang nur einmal wöchentlich), der andere nimmt auf sich täglich das Krijat Schma – das jüdische Glaubensbekenntnis – zu lesen usw.

Der vierte Vers

Doch das Schlüsselwort um diese Taten der Tschuwa in die Praxis umzusetzen heißt „Erlösung“. Und zuallererst Erlösung von all den fesselnden Ketten, die den Menschen nicht zu Ruhe kommen lassen (Geldsorgen, Gruppenzwang usw.). Der Jude muss sich von dem Gefühl der Freiheit inspirieren lassen, bevor er seinen Dienst an G-tt antritt. Schließlich ist es G-tt, welcher die Lösung zu allen Sorgen hat.

Und so kommen wir zur vollkommenen Erlösung, die auch in dem Wort „Elul“ gedeutet wird: Und sie sprachen also, singet G-tt7 – אשירה לה' ויאמרו לאמר. Der Vers ist eine Strophe im „Lied am Schilfmeer“, welches das jüdische Volk bei der Erlösung aus Ägypten sang und noch zur vollkommenen Erlösung singen wird. Das Gefühl der Erlösung aus eigener, innerer Bedrängnis, das Gefühl seine inneren Grenzen zu überwinden (oftmals hervorgerufen durch gesellschaftliche Ordnungen und Weltanschauungen), dieser „Spürsinn“ der Freiheit ist die beste Vorbereitung für die vollkommene Erlösung, die Ära der wahren Freiheit!

(Likutej Sichot, Band 29, Seite 272)